Dracula lässt grüßen

Vampirromane gibt es bekanntlich wie Sand am Meer. Spätestens seit dem 2005 erschienenen ersten Roman der "Twilight"-Serie (dt.: Biss zum Morgengrauen) von Stephenie Meyer versuchen viele Autoren, das Thema der blutsaugenden Wesen und Untoten in immer wieder neuen Variationen anzubieten. Dabei ist der Vampirroman keine neue Erfindung des 21. Jahrhunderts. Erzählungen und Sagen über Wesen, die Menschen oder Tieren das Blut aussaugen, gab es schon zu allen Zeiten und in allen Kulturkreisen - besonders im slawischen Raum, wo der Vampirglaube im Volksglauben eine wichtige Rolle spielte. Diesen "Untoten", die oft auch als "Wiedergänger" verstanden wurden, schob man dabei gerne die Schuld für Epidemien oder andere ungeklärte Todesfälle zu:

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es in Serbien (damals Teil der Habsburger Monarchie) zu einer mit damaligen medizinischen Kenntnissen unerklärbaren Epidemie, die zu zahlreichen Todesfällen führte. Bei der Exhuminierung zweier als Vampire verdächtigter Toter, Peter Plogojowitz und Arnold Paole,
wurden die Leichen angeblich unverwest und mit Blutspuren am Mund vorgefunden,woraufhin man sie pfählte. Durch die Verbreitung der Vorfälle in der europäischen Presse kam es zu einer allgemeinen „Vampir-Hysterie“.

Aus Wikipedia


Inspiriert von älteren literarischen Vorlagen, dem Aberglauben und wahrscheinlich historischen Personen wie Vlad III. Drăculea, schrieb der Journalist Bram Stoker 1897 den ersten Roman um einen Vampir, "Dracula" - der bis heute bekannteste und meistgelesene Vampirroman, der in dem dunklen und von Aberglauben gepägten Land Transsilvanien spielt. Mit der Figur des Grafen Dracula schuf Stoker den Typus des literarischen Vampirs und erfand erstmals einen ebenbürtigen Gegenspieler des Vampirs, den holländischen Gelehrten und Vampirexperten Professor Abraham van Helsing. Mit seinem Roman gelang es ihm erfolgreich, der modernen, wissenschaftlich orientierten Welt die alte, archaische Welt des Mystischen entgegenzusetzen.

Auch wenn viele Autoren heute völlig neue Vampir-Figuren geschaffen haben, gehen die typischen Eigenschaften eines Vampirs noch häufig auf Bram Stokers Dracula-Romane zurück: So haben Vampire etwa keinen Schatten und kein Spiegelbild, sie verabscheuen Kreuze und Knoblauch und sie können sich zum Beispiel in Tiere wie Wölfe und Fledermäuse verwandeln - daran erinnerte ich mich, als ich über das "satanische" Wesen der Zecke nachdachte.


... ein ganz anderer Vampirroman

Mit einer Hauptfigur wie der Zecke hatte ich nun einen echten Blutsauger vor mir - da lag es natürlich nahe, auch den klassischen literarischen Prototyp eines Blutsaugers zu thematisieren, den Vampir. Aus Bram Stokers Dr. Van Helsing wurde dann in meiner Erzählung Dr. Van Pelsing, der im finsteren Transpalavien seine Vampirstudien durchführt ...


Und natürlich musste ein klassischer Vampirtest her, das war ja logisch:

Der Vampir-Test (Leseprobe)

„Wie soll ich denn mit diesem nervigen Viech regieren? Das ist ja zum Mäusemelken!“, meckerte der Zar gerade vor sich hin, als Zillewitsch wieder an der Tür erschien.
„Ich habe, was sie verlangen, Königliche Hoheit“, sagte er atemlos und wedelte mit einem Papierbogen, Feder und Siegel in der Hand. Der Zar wies seinen Diener an, sich zu setzen. „So höre, mein Zillewitsch. Ich möchte die bullonischen Doktoren und Gelehrten über diesen Vorfall nicht informieren – und die Mitglieder des Reichsrates erst recht nicht. Wenn diese Plappermäuler davon Wind bekommen, weiß es morgen jeder Bürger in der Stadt und jeder Bauer auf dem Land. Wie ich schon sagte, der Brief ist nur für meinen transpalavischen Freund Dr. Van Pelsing bestimmt. Wenn mir jemand dieses komische Etwas
entfernen kann, dann er. Wir haben zusammen studiert und er genießt mein größtes Vertrauen. Jonathan ist ein blitzgescheiter und umfassend gebildeter Mann,
ein Genie über alle Maßen, Doktor, Erfinder und gelehrter Wissenschaftler dazu, ein, ein … “
Zillewitsch räusperte sich leise. „Der Brief, Königliche Hoheit … “
Der Zar schaute verdutzt auf. „Nun, was wollte ich sagen? Wie wir alle wissen, kennt man sich in Transpalavien bestens mit blutsaugenden Wesen aller Art aus. Jonathan ist auf diesem Gebiet sogar Experte. Vielleicht ist dieses Tier - “, und er schaute beklommen auf seinen neuen Untermieter, „ein noch unentdecktes Geschöpf der Gattung Vampir?“
Der Kammerdiener erschrak. Auch er hatte schon einiges von den blutrünstigen Wesen dieses dunklen und geheimnisvollen Landes gehört.
„Vielleicht sollten wir es einmal selbst mit Knoblauch, einem Kreuz und Sonnenlicht versuchen?“, überlegte der Zar. „Damit hat man in Transpalavien ja schon beachtliche Erfolge bei diesen teuflischen Bestien erzielt.“
Zillewitsch nickte eifrig: „Das Kreuz und den Knoblauch werde ich Euch sogleich besorgen, wenn Ihr es wünscht, Eure Majestät.“
„Ja, das ist eine gute Idee, mach schnell!“, stimmte Bullebartsch erleichtert zu und ehe er sich versah, war sein Kammerdiener verschwunden.
Mit seiner heruntergerutschten Schlafhose hopste der Zar an das Fenster, um sein Hinterteil direkt in die hinein scheinende Sonne halten zu können. „Ich biete sicher einen hübschen Anblick!“, spöttelte er belustigt und kicherte leise. Um sich abzulenken, heftete er seinen Blick auf die brummenden Bienen und Hummeln
vor dem Fenster, die sich gemeinsam über die süß duftenden Blumenbeete hermachten.
Kurz darauf kam Zillewitsch mit einem großen, alten Holzkreuz zurück, an dem er geschickt ein paar frische Knoblauchknollen befestigt hatte. Als er seinen Herrn so halb entkleidet am Fenster stehen sah, senkte er beschämt den Kopf: „Oh, ähm, entschuldigt, Eure Majestät“, stammelte der Kammerdiener, doch der Zar unterbrach ihn sofort: „Denk dir nichts dabei und bring mir jetzt deine Zauberwaffen. Und halte die Dinge direkt vor das Tier, damit es sie sehen und riechen kann!“
Zillewitsch tat, wie ihm geheißen und Bellissimus Bullebartsch drehte seinen ausladenden Popo direkt der Sonne entgegen. „Wenn das Tier ein echter Vampir ist, muss es jetzt zu Staub zerfallen und sterben!“, bemerkte der Zar zufrieden.
„Oder wenigstens versuchen zu flüchten“, ergänzte der Kammerdiener eifrig.
 
(Aus: Die Zecke des Zaren, S. 25 - 27)